„Rebellisch oder unpolitisch? Protestgeneration 2018“ auf der Leipziger Buchmesse

Tipp für die Leipziger Buchmesse: Morgen, Samstag 17.3. um 17:00 Premiere unseres Films „Rebellisch oder unpolitisch? Protestgeneration 2018“ (52 min.),

und am Sonntag 18.3. um 15:00 Diskussion mit unserer Protatonistin Newroz Duman (Jugendliche ohne Grenzen) und Gretchen Dutschke, beides am arte-Stand!

50 Jahre ist es her, dass die Studenten in Europa und den USA auf die Straße gingen und viele glaubten, die Revolution stehe vor der Tür. Heute sieht man ein Erstarken der Rechten, mit Trump, Brexit und AfD, dazu die globale Bedrohung des Klimawandels. Wie steht es also um das politische Engagement der jungen Menschen in Europa heute, 50 Jahre danach? Was können sie vom Erbe der 68er über­nehmen? Brauchen wir eine neue Protestgeneration in Europa 2018? Der Dokumentarfilm untersucht den Stand der Protestbewegungen in Spanien und Frankreich – was wurde aus Nuit Debout und den Indignados? – und schaut sich in Deutschland um.

Karneval und Demo „We’ll Come United“ in Berlin, September 2017

„Es wird immer unterstellt, die Jugend sei poli­tikverdrossen, aber vielleicht ist eher die Politik jugendver­drossen?“, fragt Mareike Nieberding, die nach der Trump-Wahl die Jugendbewegung DEMO gründete. Die Jungen sind für Politiker nicht interessant – denn durch den demografischen Wandel bilden sie die erste Gene­ration in Europa, die den Alten zahlenmäßig unterlegen ist, und sie gehen auch nicht so treu zur Wahl wie die Älteren. Viele dürfen zudem gar nicht wählen: Newroz Duman, die als Kind übers Mittelmeer nach Deutschland flüchtete, organisiert den Straßenkarneval „We’ll Come United“ in Berlin, um allen eine Stimme zu geben, die von der Politik ohnehin nicht gehört werden. „Junge Leute können in dieser Welt was bewegen, sie müssen nur zusammenkommen, einen Raum für sich finden.“

Zudem fühlen sich die jungen Leute durch die etablierte Politik nicht mehr vertreten. Statt­dessen setzen sie auf direkte Demokratie, soziale Netzwerke, Transparenz. In Spanien ist bereits eine neue Generation in die Rathäuser der „Städte des Wandels“ eingezogen und setzt dort mehr Bürgerbeteiligung durch. „Wir sind die Schlüsselgeneration, um alles zu verändern, was in den 70ern schiefgelaufen ist, und um mit dem Erbe der Diktatur aufzuräumen“, sagt der 20jährige Stadtrat Jesús Guerra aus Madrid. In der Pariser Vorstadt Créteil versucht David Cousy, mit konkreten Pro­jekten vor Ort das Rathaus zu erobern und zu zeigen, „dass in der Vorstadt nicht nur Randalierer wohnen“.

Manche haben aber auch genug von Institutionen und setzen auf direkte Aktion, wie die internationalen Klimaaktivisten, die mit „Ende Gelände“ Braunkohlebagger blockieren. Wie Thibaut Linares träumen sie von autonomen Zonen, in denen ein besseres Leben schon hier und jetzt aufgebaut wird, um sich gegen die drohende Klimakatastrophe zu wappnen.

Während Deutschland die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit der gesamten EU aufweist, sind in manchen Regionen Spaniens bis zu 50% der jungen Menschen arbeitslos. „Wir sind die Jugend ohne Zukunft“, sagt die 19jährige Studentin Sara Naila Navacerrada. Sie sieht ihr Aktionsfeld vor allem im Feminismus, „der hat wirklich mein Leben verändert“. Die Aktivistinnen planen gerade einen landesweiten Streik für den Frauentag im März. Auch in der nordfranzösischen Arbeiterstadt Amiens ist die Arbeitslosigkeit hoch, viele Menschen wählen aus Frust den Front National. Hier versuchen zwei Freunde mit unterschiedlichem Hintergrund – der eine Gewerkschafter, der andere in der katholischen Landjugend – Räume für Dialog und Austausch unter jungen Menschen zu schaffen. „Unsere Zukunft kann ja nicht darin bestehen, Frankreichs Schulden zurückzuzahlen. Es gibt so viele Herausforderungen, eine neue Wirtschaft, Ökologie, wir haben jede Menge zu tun!“, sagt der 26jährige Grégoire Martin Hidalgo.